Kaffee oder Tee? mit Cornelius Martens

#privat – Hallo Cornelius, stell dich doch bitte mal kurz vor:
Ein Opa von mir war Schiffskoch, der andere Pianist. Das wäre die Kurzform.

Etwas länger: Ich bin in Berlin geboren und dann mit meinen Eltern in die USA gegangen. Dort habe ich später auch meinen High School Abschluss gemacht. Das BWL-Studium hat mich nach Passau geschwemmt, das ich dann allerdings schnell und erfolgreich abgebrochen und von Betriebswirt- auf Gastwirtschaft umgeschult habe. Kurz zuvor haben zwei Studienfreunde von mir eine Werbeagentur gegründet, in die ich dann schnell eingestiegen bin. Und dann kam die Gründung des Magazins Pasta! – das ist inzwischen fast 21 Jahre her. Etwas „Richtiges“ gelernt habe ich also nie, außer Klavier spielen. Ich trete seit knapp 30 Jahren als Barpianist auf Donauschiffen, bei Hochzeiten und gesellschaftlichen Ereignissen auf.

Frühaufsteher oder Morgenmuffel?
Frühaufsteher – bei zwei kleinen Töchtern bleibt einem auch kaum eine Wahl.

Cornelius Martens - Genussreise.blogKaffee oder Tee? Wie sieht die erste Stunde deines Tages aus?
Daheim habe ich eine Lavazza Espresso-Kapselmaschine, die ausschließlich Espresso macht. Die Maschine habe ich vor knapp 15 Jahren Ugo del Nero (Inhaber des Gallo Nero) abgekauft. Ich dachte bis vor Kurzem, besseren Espresso gibt es nicht. Seit der Anschaffung einer Siebträgermaschine im Büro und der Auseinandersetzung mit der Welt des Kaffees im Allgemeinen und der Espressozubereitung im Besonderen, sehe ich das anders. Seitdem trinke ich daheim in der Früh Tee, natürlich lose, meist ein mittelkräftiger Assam. Nach einem Müsli und einigen Kämpfen mit der größeren Tochter, welches Kleid für den Kindergarten angemessen ist, bringe ich die Kinder zu Fuß in den Kindergarten, das liegt praktischerweise direkt auf dem Weg zur Arbeit. Im Büro angekommen: Siebträger an – und über den Tag verteilt dann 5-6 Espresso, teilweise im Büro, teilweise unterwegs – das ist ja auch mein Beruf.

Welche Musik hörst du wenn du unterwegs bist?
Vorwiegend klassische Musik.

Welches Land oder welche Stadt bereist du immer wieder und warum?
Sardinien – ein Sehnsuchtsort. Wer braucht da noch die Karibik? Ich bleibe meistens in Agriturismi. Das sind Bauernhöfe, die abends Essen anbieten. Einfache, ehrliche Kost vom eigenen Hof. Genau mein Ding.

Städte: Hamburg & Berlin. Ich habe einige Zeit im Hamburg gelebt und gearbeitet – morgen fliege ich wieder hin. Für mich ist Hamburg die schönste Stadt der Welt. Und das sage ich, obwohl ich Mitglied von Werder Bremen bin. Berlin, weil ich dort geboren bin und viele meiner Freunde dort leben. Hin und wieder brauche ich eine Dosis Berlin, bin dann aber auch wieder sehr froh, nach Passau zurückzukommen.

Hast du einen Lieblingsplatz in Passau?
Als Kind der Gastro sind es bei mir vor allem Lokale, Restaurants, Biergärten, die ich liebe. Im Sommer sicher der Hacklberger Biergarten, nirgendwo ist die Bayerische Lebensart so greifbar wie hier.

Ist Social Media für dich eher Fluch oder Segen?
In Maßen angewendet ist Social Media toll, sie lässt die Welt an eigenen Eindrücken teilhaben, schafft Begehrlichkeiten, löst im Handumdrehen Probleme, lässt Menschen in Kontakt treten und bleiben. Diese Vorteile sind von unschätzbarem Wert. Leider finde ich nicht das richtige Maß und investiere zu viel Zeit in Social Media. Zum Glück fällt mir das hin und wieder selbst auf – und dann treffe ich mich gezielt mit „richtigen“ Menschen auf ein Bier. Oder zum Essen.

Cornelius Martens - Genussreise.blog

Welchen Beruf haben sich deine Eltern für dich vorgestellt?
Mein Vater ist Professor für Organische Chemie an der Universität (inzwischen emeritiert). Ich hatte auch Chemie als Leistungskurs und hatte kurz überlegt, in diesen Bereich zu gehen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich für diese Welt nicht geschaffen und obendrein talentfrei bin, mir bestimmte Dinge vorzustellen. Ich hab dann ein bisschen halbherzig BWL studiert. Mein Berufsberater hatte mir seinerzeit den folgenden Satz mitgegeben: „Wenn Sie in die Plüschetagen der Deutschen Wirtschaft, wollen, studieren Sie BWL in Passau.“ So bin ich in Passau gelandet. Meine Eltern haben mich aber nie in eine Richtung gedrängt, dafür bin ich ihnen unendlich dankbar. Mein Vater hat damals – vor genau 20 Jahren übrigens – aber schon komisch geschaut, als ich mein Studium abbrach und vom Betriebswirt zum Gastwirt „umgeschult“ habe. Meine Mutter kommt aus einer Musikerfamilie, da war immer dieses Urvertrauen da, dass es die Kinder schon richtig machen. Und im Notfall kann ich ja immer noch auf einem Schiff anheuern und mich als Barpianist verdingen.

Auf was bist du besonders stolz?
Ich bin vom Typ her eher glücklich als stolz. Zu wissen, was ich kann. Und noch besser zu wissen, was ich nicht kann.

Gibt es etwas, was du dir in letzter Zeit gegönnt hast?
Weißen Trüffel im Pasta e Vino. So wie er am besten schmeckt: Auf Spinat, mit einem Spiegelei oben drauf.

Kannst du dich an einen Fehlkauf erinnern?
Einen? Viele! Eigentlich immer dann, wenn es sich um technische Anschaffungen handelt.

Für was gibst du gerne Geld aus?
Für Essen und Trinken. Wenn ich könnte, wie ich wollte: Für Uhren.

In was bist du eine richtige Niete?
Handwerkliche und technische Fertigkeiten aller Art. Zum Glück habe ich Leute um mich herum, die genau das können, was ich nicht kann. Und anders herum.

Beschreibe dich mit drei Worten.
Empathisch. Konsens suchend. Optimistisch.

Wie entspannst du?
Zeitung lesen. Hoffentlich gibt es noch gedruckte Zeitungen, wenn ich wieder Zeit habe, Zeitungen zu lesen.
Mit zwei kleinen Töchtern ist das derzeit eher schwierig.

Was schiebst du immer wieder gerne auf?
Reparaturen aller Art.

Welche Frage wird dir selten oder nie gestellt, die du aber gerne mal beantworten möchtest?
„Was ist dein Lieblingsessen?“ Grünkohl mit Pinkel.

Welches Produkt verabscheust Du?“
Kaugummi.

#atwork – Cornelius Martens

 Pasta! Passauer Stadtmagazin für Genusskultur - GenussReise.blog

Gemeinsam mit Till Gabriel bist du Herausgeber der Zeitschrift „Pasta! Passauer Stadtmagazin für Genusskultur.“
Was kann man sich darunter vorstellen?
Wir machen die Pasta! schon seit 21 Jahren. Anfangs war das ein studentisches Magazin, dann ein Stadtmagazin. Vor zwei Jahren haben wir entschieden, nur noch das zu machen, was uns interessiert, was uns antreibt, was uns begeistert. Und deshalb ist die Pasta! seit September 2017 ein Magazin für Genusskultur. Dabei geht es nicht nur um „Essen und Trinken“, Genuss ist viel mehr als das. Es geht auch um Nachhaltigkeit, die Schaffung von Bewusstsein, was Qualität ist, die Grenzen des Konsums – also durchaus auch kritische Themen. Wir sind also mit dem Magazin erwachsen geworden, kann man sagen.

Durch euer kulinarisches Magazin seid ihr ja stadtbekannt, werden die Gastronomen in und um Passau nervös wenn ihr ins Lokal kommt?
Interessant ist, dass oft die, die sich überhaupt keine Sorgen machen müssten, nervös werden. Und die, die aufgrund dessen, was sie anbieten, vielleicht nervös werden sollten, gar keine Angst haben.

Bekommt ihr dann eine „Extrabehandlung“ oder werdet sogar eingeladen?
Wir lassen uns nicht einladen. Wer testet und ernsthaft kritisch schreiben will, muss seine Rechnung selbst bezahlen. Schon beim Schnaps aufs Haus muss man vorsichtig sein, aber das ist als Geste des Gastronomen zu verstehen und deshalb OK. Natürlich lässt sich nicht wegdiskutieren, dass praktisch jeder Gastronom in und um Passau die Pasta! – und damit uns – kennt. Ich habe ehrlicherweise auch schon mit angeklebtem Bart und Käppi gearbeitet. Oft schicke ich „Späher“ und sage ihnen ganz genau, was sie bestellen sollen, um einen Eindruck zu bestätigen oder zu entkräften.

Was wünscht du dir von den Passauer Gastronomen?
Mehr Mut.

Du stellst ja in der Rubrik „Fidel Gastro“ in jeder Ausgabe ein Lokal vor, welches sich dann oft vor Gästen nicht mehr retten kann. Was sind die Kriterien für deine Auswahl?
Ganz so ist es nicht. Ich stelle keine Lokale vor, ich teste sie. Das bedeutet, dass ich meine Eindrücke schildere – positive und negative. Das sorgt immer wieder auch für Unmut, weil weder Leser noch Gastronomen es gewohnt sind, offene, schriftliche Kritik zu lesen, die nicht von Fake-Profilen bzw. in der Anonymität von Facebook & Co. kommen, sondern von einer greifbaren Person, die man jederzeit anrufen kann.

Maßgeblich für die Auswahl ist in erster Linie, ob das Lokal kulinarisch etwas Neues, Spannendes erwarten lässt. Grillteller, Schwabentopf und dergleichen gehören da weniger dazu. Das kennt man. Darüber brauche ich nicht zu schreiben. Wobei auch Wirtshäuser, die sich etwas trauen, interessant sind. Wie gehen diese mit dem Spannungsfeld aus Tradition vs. Innovation um? Welche Rolle spielt die eigene Angst vor Veränderung, der Respekt vor der älteren Generation, das Wagnis, auch den (Stamm)Gästen Veränderung zuzumuten?

Interessant ist übrigens, dass die Frequenz in vielen Lokalen unabhängig davon steigt, ob ich positiv oder negativ berichte. Beispiel: Wenn ich ein Gericht wie Spaghetti Aglio e Olio in einem Lokal kritisiere, wird genau dieses Gericht vermehrt bestellt. Viele wollen einfach wissen: Stimmt das, was dieser Fidel Gastro schreibt? Natürlich passiert das bei herausragenden Gerichten genauso: Fragen Sie mal beim Gasthaus Bauer in Steinbrunn, was passiert ist, als ich in einer Ausgabe seinen Zwiebelrostbraten gelobt habe.

Schreiben dich auch Gastronomen an, damit du zu ihnen kommst und über sie berichtest?
Deine Beiträge sind dabei ja auch kritisch und es hagelt kontroverse Leserbriefe, wie gehst du damit um?
Das passiert ständig. Einige denken, man könne diese Beiträge kaufen, so wie anderswo. Sie verwechseln also PR mit Redaktion. In genau diesem Spannungsfeld sind wir mit der Pasta!, weil wir am Ende des Tages von den Anzeigenkunden leben; das ist ein Balanceakt, jeden Monat aufs Neue. Es gibt kein anderes Erlösmodell für uns, wir haben keinen Gönner im Hintergrund. Auch wenn wir ständig Rückmeldung von Lesern bekommen, das Magazin sei optisch, haptisch und inhaltlich so einzigartig, dass Sie dafür gerne bezahlen würden, ist Pasta! nach wie vor „unbezahlbar“. Bisher hat es immer geklappt, Haltung zu zeigen, eine ehrliche Meinung kundzutun und gleichzeitig Anzeigenkunden davon zu begeistern, in der Pasta! zu werben. Gerade auch mit dem Argument, dass das Magazin deshalb gelesen wird, weil Pasta! nicht ausschließlich aus bezahlter PR besteht. Was man wiederum an den unzähligen Rückmeldungen der Leser sieht, die wir ständig bekommen. Wir bekommen Leserbriefe von überall her – aus ganz Deutschland, aus Österreich, von Omas, von jungen Leuten, von Touristen, von Alteingesessenen – Genuss verbindet!

Gerade kritische Stimmen drucken wir übrigens bevorzugt ab. Lob bekommen wir überall und jeden Tag – und wir freuen uns natürlich darüber. Knallharte Kritik in der Sache muss man sich hart erarbeiten, denn sie setzt voraus, dass sich der Leser, der Kunde, der Gastronom mit uns und mit dem, was wir schreiben, befasst. Das finden wir toll.

Bist du ein gern gesehener Gast oder gibt es auch Hausverbote?
Bisher gab es noch kein ausgesprochenes Hausverbot. Es gibt allerdings Lokale, die aufgrund meiner – aus Sicht des Gastronomen ungerechtfertigten – Berichterstattung keinen Kontakt mehr zu mir bzw. der Pasta! wollen. Das gehört dazu, wer kritisiert, muss das aushalten können. Und immer wieder versuchen, selbst kritikfähig zu bleiben. Wir haben einige Anzeigenkunden durch unsere kritische Berichterstattung verloren, teilweise auch durch öffentlichen Aufruf zum Boykott gegen uns.

Was glaubst du zeichnet euch als Genussexperten aus?
Genussexperte ist ein Begriff, der hohe Erwartungen weckt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir uns selbst eine Beurteilungskraft zugestehen, wenn es um die Frage geht, was Genuss ist. Schließlich trauen wir uns, kritisch zu schreiben, einzuordnen, zu bewerten und zu vergleichen. Das alles passiert auf Basis unserer Erfahrung, die wir uns in den letzten 20 Jahren aufgebaut haben. Wir sind selbst ein Jahrzehnt als Gastronomen tätig gewesen (das Bluenotes in der Innstadt, älteren Passauern noch als Landsknecht in Erinnerung). Da haben wir viel gesehen, Fehler gemacht – und daraus gelernt. Wie auch unsere Reisen: Ich war vor rund 10 Jahren fast 2 Jahre unterwegs in der Welt und habe viel gesehen, probiert und meinen Geschmack geschult. Wir brauen selber Bier in unserem einzigartigen Büro – in der Scheune am Severinstor. Ich koche viel, auch für Gruppen, besuche Kochkurse, gehe nahezu täglich essen, manchmal auch zweimal pro Tag. Mein Geschäftspartner Till verfolgt einen anderen Ansatz: Er hat einen riesigen Garten, in dem fast alles wächst. Er ist nahezu Selbstversorger und weiß, was es bedeutet, mit seiner eigenen Hände Arbeit den Boden zu bearbeiten. Er ist der Säer. Ich bin mehr der Ernter.

Zudem betreuen wir seit mehr als zwei Jahrzehnten mit unserer Werbeagentur unzählige Kunden aus dem Food & Beverage-Bereich. Zulieferer wie Kirschnick oder Troiber stehen genauso auf unserer Kundenliste wie Weinhändler, Bäcker, Spirituosenfirmen, Konditoreien und – natürlich – Gastronomien aller Art. Das Oberhaus Logo kommt von uns, das Weingut haben wir mit aufgebaut, das Konzept zur Neuausrichtung des Gallo Nero begleitet, um nur einige zu nennen. Und wir kennen alle Speisekarten der Gegend, viele davon haben wir gestaltet.

Beschreib uns doch mal welche Art von Lokal du dir für Passau wünschen würdest.
Oh! Da gäbe es viele: Eine vietnamesische Garküche mit guter Pho, ein koreanisches Restaurant, ein türkisches Restaurant, ein Sharing-Restaurant, ein Sternelokal – die Liste ist lang. Aber in den letzten Jahren hat sich einiges zum Guten entwickelt, das darf man auch mal sagen.

Für Aufsehen sorgen regelmäßig eure kulinarischen Aktionen, bei denen Passauer Betriebe mit viel Liebe und Kreativität einen Monat lang selbstkreierte Eissorten, Pralinen, Brezen oder Lieblingsgerichte ins Sortiment aufnehmen, die in der „Pasta!“ vorgestellt werden. Kannst du uns schon verraten auf welche Neukreation wir uns in nächster Zeit freuen dürfen?
Also, mit Sicherheit kommt das Thema Pizza, aber eben nicht Hawaii oder Prosciutto Funghi, sondern anders, kreativ. Außerdem haben wir festgestellt, dass das Thema Backwaren ein unfassbar spannendes Thema ist: Baguette zum Beispiel – wer kann das backen oder machen alle nur bayerisches Stangenweißbrot? Was macht eine gute Semmel aus? Kann man Brot neu denken? Wir haben es schon mit einigen Themen geschafft, die traditionelle Sicht auf die Dinge aufzubrechen und zu begeistern, Neues auszuprobieren. Und zwar sowohl unsere Partner, als auch unsere Leser. Fragen Sie mal bei den Eisdielen nach.

Vielen Dank für das Interview

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